Der berühmte italienische Schriftsteller und Journalist Vittorio Messori (geb. 1941) ist einer der bedeutendsten zeitgenössischen Verteidiger der katholischen Kirche und des Glaubens, den er in vielen Büchern und Artikeln den Menschen dargelegt hat. In seinem Interview-Buch „Perché credo“ (Warum ich glaube – das Buch ist nicht auf deutsch erschienen) erzählt er unter vielem anderen über seinen Glaubensweg und die besondere Gnade, die ihm mit 23 Jahren geschenkt wurde.
Messori war zwar als Kind getauft worden, er empfing die Erstkommunion und Firmung, aber in seiner Familie und in seiner Verwandtschaft spielte der Glaube weiters keine Rolle. So war er auch selbst in seiner Schul- und Studienzeit ganz antikirchlich und atheistisch eingestellt. Aber im Sommer 1964 kam es zu einer Erfahrung, die sein ganzes Leben bis zum heutigen Tag prägte.
In dieser Zeit begeisterte er sich für das Buch „Der Ekel“ des französischen Philosophen und Atheisten J.P. Sartre. Er war von den Ideen des atheistischen Existenzialismus fasziniert, aber er bezog den Tod nicht auf sich selbst. Doch an jenem denkwürdigen Tag im Sommer 1964 wurde ihm zum ersten Mal bewusst, dass der Tod auch sein persönliches Problem war. Bis dahin hatte er die Frage nach dem Sinn des Lebens als Kinderei betrachtet. Diesmal aber bezog er die Frage auf sich selbst: Wird mit meinem Tod alles enden? Wird der Tod ihn wirklich in den schwarzen Abgrund des Nichts führen? War sein Leben absurd und sinnlos? Diese Fragen quälten ihn. Er hatte keine Antwort und war in Hoffnungslosigkeit versunken mit einen inneren Schrei nach Rettung. Er fühlte sich völlig allein. Dies umso mehr, als seine Eltern und sein Bruder in den Urlaub gefahren waren und er somit er allein zu Hause war. Er konnte sich nicht erklären, wie es dazu kam, dass er an diesem Tag nachmittags eine bescheidene Taschenausgabe des Evangeliums zur Hand nahm. Er konnte nicht sagen, wie es in sein Zimmer gekommen war oder woher es stammte. Es lag einfach in einer Ecke des Schranks. Er wusste auch nicht, was er darin suchen sollte, denn er erwartete nichts von dieser Lektüre. Schließlich war er Agnostiker, für den die Suche nach einer Antwort auf die Frage nach der Existenz Gottes reine Zeitverschwendung war.
Die Tatsache jedoch, dass er damals zur Bibel griff, interpretiert Messori heute als ein Zeichen der liebevollen, göttlichen Führung. Er nahm die Bibel, schlug sie auf und begann zu lesen: „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken“ (Mt 11,28) – und dann geschah etwas Unglaubliches. Plötzlich schien es, als fielen ihm die Schuppen von den Augen. Er wurde von einem seltsamen Licht der Liebe, der Barmherzigkeit und der Gerechtigkeit erfüllt. Bewegt las er weiter: „Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele. Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht“ (Mt 11,29). Die Warnung aus dem Gleichnis vom unfruchtbaren Feigenbaum (Lk 13,69) erschütterte ihn zutiefst. Es war eine Art mystische Erfahrung des Lichts der Gegenwart Christi, das wie ein Strom aus dem Evangelium hervorbrach.
Messori sagt, dass diese Begegnung mit Christus nicht in Worte gefasst werden kann. Aus der Dunkelheit des Unglaubens trat unerwartet das Licht hervor und Vittorio begegnete Christus „in einem physischen, realen Sinn: So wirklich war die Gewissheit dieser Gegenwart. Aus den Papierseiten ist das Wort für mich wirklich Fleisch geworden und hat mir Freude und Angst, große Begeisterung und Furcht, Befriedigung über eine erfüllte Pflicht und Reue über die Untreue gebracht. … Für einen Christen ist der Glaube eine Begegnung mit einer Person, die zugleich barmherzig und streng, menschlich und göttlich ist. Dieses Treffen wird von dem unwiderstehlichen Bedürfnis begleitet, ihr zu folgen und zu gehorchen.“
Ich fürchte nicht den Tod, ich fürchte das Gericht
In einem Interview, das Vittorio Messori im Oktober 2021 zu seinen drei Büchern über Jesus Christus gab, sagt er unter anderem: „Jesus hat uns die Möglichkeit gegeben, für alle Ewigkeit mit ihm zu leben. Das, was im Grunde genommen der Kern der Lehre Jesu ist, wurde vergessen. Ich sage immer: Ich fürchte nicht den Tod, ich fürchte das Gericht. Wenn man das sagt, sind viele, auch Priester, empört. Der ‚gutmütige‘ Jesus, der immer vergibt und alle höchstens mit einem Klaps auf den Hintern hineinlässt … all das ist im Grunde ein Verrat am Christentum, weil es nicht wahr ist. Es wird einen Platz für die Erlösten geben, aber es wird auch einen Platz für die Verdammten geben … Ich glaube, dass die alten Christen Recht hatten, die Bruderschaften für den guten Tod gründeten, das heißt, sie halfen den Menschen, gut zu sterben.
Der hl. Pater Pio gibt uns ebenfalls in diesem Sinne zu bedenken: „Auch für uns kommt einmal die letzte Stunde, wo unser Herz zu schlagen aufhört und alles für uns beendet ist: die Zeit, Verdienste zu erwerben und die Zeit zu sündigen. So wie der Tod uns finden wird, so wird er uns Christus dem Richter vorführen. Unser Schrei um Erbarmen, unsere Tränen, unser Reueschmerz, der uns in unserem Leben das Herz Gottes erobert und uns durch die Sakramente aus Sündern zu Heiligen gemacht hätte, kann uns nichts mehr nützen. Die Zeit der Barmherzigkeit ist vorüber, nun hat die Zeit der Gerechtigkeit begonnen.“