Keine Auge hat es gesehen

Mit dem Fest der Aufnahme Marias in den Himmel am 15. August feiert die Kirche gleichsam ein Erntefest. Gott hat die schönste Frucht, die auf dem Acker seines Reiches gereift ist, schon ganz in die Scheune des Himmels gebracht und sie über alle Geschöpfe verherrlicht. „Wenn schon kein menschlicher Verstand, die unermessliche Herrlichkeit zu fassen vermag, die nach den Worten des hl. Paulus Gott denen im Himmel bereitet, die ihn auf Erden lieben, wer wird dann imstande sein, zu begreifen, welche Herrlichkeit seiner Mutter bereitet ist, die ihn auf Erden mehr geliebt hat als alle Menschen.“ Dieser Gedanke des der hl. Bernhard von Clairvaux hat wohl das Erkennen vieler gläubiger Menschen und Lehrer der Kirche geleitet, wenn sie Maria betrachtet haben.

Für ihre leibliche Aufnahme in den Himmel gibt es zwar kein direktes biblisches Zeugnis. Auch über den Ort und Zeit ihres Heimgangs gibt es unterschiedliche Traditionen. Aber das ändert nichts daran, dass die Wahrheit von ihrer leiblichen Himmelfahrt schon immer in der Kirche geglaubt und gelehrt wurde. Das Fest Maria Himmelfahrt ist nicht nur das höchste und vornehmste, sondern auch das zeitlich erste und älteste Marienfest der Kirche. Es war aber erst unserer Zeit vorbehalten, diesen Glauben in feierlicher Form zu definieren. 1950 hat Papst Pius XII diese Lehre unwiderruflich verkündet: „Es ist eine von Gott geoffenbarte Glaubenswahrheit, dass die unbefleckte, immer jungfräuliche Gottesmutter Maria nach Vollendung ihres irdischen Lebenslaufes mit Leib und Seele zur himmlischen Herrlichkeit aufgenommen worden ist.“

Gott stellt uns Maria als Beweis vor Augen, dass er seine Verheißungen erfüllt: „Wenn der Geist dessen in uns wohnt, der Jesus von den Toten auferweckt hat, dann wird er auch unseren sterblichen Leib einmal lebendig machen, durch den Geist, der in uns wohnt“ (Röm 8,11). An Maria ist schon geschehen, was wir noch erwarten. Sie wird uns helfen, nach dem Großen zu streben, das Gott denen bereitet hat, die ihn lieben.

Petersdom über dem Petrusgrab – ein Sinnbild für die Verheißung Jesu

Ein bemerkenswertes Sinnbild für die Verheißung Jesu, dass er seine Kirche auf Petrus, dem Felsen, bauen wird, ist der Petersdom in Rom. Der heilige Apostel Petrus erlitt im Jahre 64 unter Kaiser Nero das Martyrium. Er wurde mit anderen Christen im Circus des Kaligula und des Nero, der sich auf dem heutigen Petersplatz befand, gekreuzigt und im Friedhof, der neben dem Circus am Abhang des Vatikanhügels lag, in einem einfachen Erdgrab bestatte. Von Anfang an war das Grab das Ziel vieler Pilger.

Zu Beginn des vierten Jahrhunderts ließ Kaiser Konstantin über dem Grab eine große Basilika errichten. Schließlich wurde vom 15. bis zum 17. Jhd. der Petersdom gebaut, wie wir ihn heute kennen, mit der von Michelangelo entworfenen Kuppel, die sich direkt über dem Apostelgrab erhebt. Papst Pius der XII. ließ in den 40-ger und 50-ger Jahren archäologische Ausgrabungen vornehmen, die wissenschaftlich die Tradition des Petrusgrabes bestätigten.

Eine Führung durch diese Ausgrabungen mit abschließendem Gebet des Glaubensbekenntnis direkt vor dem Erdgrab ist für Rompilger oft eines der schönsten Erlebnisse, die den Glauben stärken, den schon Petrus vor Jesus bekannte: “Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes” (Mt 16,16).

Kirche – auf dem Felsen gebaut

29. Juni: Fest Peter und Paul – Gedanken zum Petrusamt

Wir sind es gewohnt, den Papst als die Spitze der der Kirche zu betrachten. Aber nach dem Wort Jesu ist das Petrusamt das Fundament, auf dem die ganze Kirche auferbaut wird. Der Glaube des Petrus ist unser feste Grund. Die Kirche ist nicht auf Sand gebaut und sie ist auch keine Sandburg, die von den Strömungen der Zeit weggespült werden könnte. Die Geschichte der Kirche beweist uns, dass der Herr treu ist und uns auch mit Benedikt XVI. einen Felsen geschenkt hat, auf den wir bauen können. Unser Heiliger Vater, Benedikt XVI. hat in einer Predigt, die er bei der Inbesitznahme der Kathedra (des Bischofssitzes und Lehrstuhles) von Rom in der Lateranbasilika gehalten hat, die Bedeutung seines Petrusamtes sehr treffend erklärt. Hier einige wichtige Abschnitte aus seiner Predigt:

1) Dem Nachfolger Petri obliegt eine besondere Aufgabe. Es war Petrus, der als erster im Namen der Apostel das Glaubensbekenntnis ausgesprochen hat: »Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes« (Mt 16,16). Das ist die Aufgabe aller Nachfolger des Petrus: Führer zu sein im Bekenntnis des Glaubens an Christus, den Sohn des lebendigen Gottes. Die Kathedra von Rom ist vor allem Kathedra dieses Glaubensbekenntnisses. Der Bischof von Rom ist dazu verpflichtet, von dieser Kathedra herab ständig zu wiederholen: »Dominus Iesus« – »Jesus ist der Herr«, wie Paulus in seinen Briefen an die Römer (10,9) und an die Korinther (1 Kor 12,3) schrieb.

2) Wer die Kathedra Petri in Besitz genommen hat, muß sich der Worte erinnern, die der Herr beim Letzten Abendmahl zu Petrus gesagt hat: »…und wenn du dich wieder bekehrt hast, dann stärke deine Brüder« (Lk 22,32). Der Träger des Petrusamtes muß sich bewußt sein, daß er ein zerbrechlicher und schwacher Mensch ist – wie seine eigenen Kräfte zerbrechlich und schwach sind –, der ständiger Läuterung und Umkehr bedarf. Aber er darf sich auch dessen bewußt sein, daß er vom Herrn die Kraft erhält, seine Brüder im Glauben zu stärken und sie vereint zu halten im Bekenntnis zum gekreuzigten und auferstandenen Herrn.

3) Der Bischof von Rom sitzt auf seiner Kathedra, um von Christus Zeugnis zu geben. Daher ist die Kathedra das Symbol der »potestas docendi«, jener Lehrvollmacht, die wesentlich zur Aufgabe des Bindens und Lösens gehört, die vom Herrn dem Petrus und nach ihm den Zwölf aufgetragen worden ist.
Diese Lehrvollmacht erschreckt viele Menschen innerhalb und außerhalb der Kirche. Sie fragen sich, ob sie nicht die Gewissensfreiheit bedrohe, ob sie nicht eine Anmaßung darstelle, die im Gegensatz zur Meinungsfreiheit steht. Dem ist aber nicht so. Die von Christus dem Petrus und seinen Nachfolgern übertragene Macht ist, absolut verstanden, ein Auftrag zum Dienen. Die Lehrvollmacht in der Kirche schließt eine Verpflichtung zum Dienst am Glaubensgehorsam ein. Der Papst ist kein absoluter Herrscher, dessen Denken und Willen Gesetz sind. Im Gegenteil: Sein Dienst garantiert Gehorsam gegenüber Christus und seinem Wort. Er darf nicht seine eigenen Ideen verkünden, sondern muß – entgegen allen Versuchen von Anpassung und Verwässerung sowie jeder Form von Opportunismus – sich und die Kirche immer zum Gehorsam gegenüber dem Wort Gottes verpflichten.

4) Als Katholiken sind wir alle in gewisser Weise auch Römer. Mit den Worten von Psalm 87, einem Loblied auf Zion, die Mutter aller Völker, sang Israel und singt die Kirche: »Doch von Zion wird man sagen: Jeder ist dort geboren …« (Ps 87,5). In ähnlicher Weise könnten auch wir sagen: Als Katholiken sind wir in gewisser Weise alle in Rom geboren. So will ich mit ganzem Herzen versuchen, euer Bischof, der Bischof von Rom zu sein. Und wir alle wollen versuchen, immer mehr katholisch zu werden – immer mehr zu Brüdern und Schwestern in der großen Familie Gottes, jener Familie, in der es keine Fremden gibt.

Durch das Kreuz zur Herrlichkeit

Die Auferstehung Christi ist das Zentrum unseres katholischen Glaubens

Vom Glauben an die Auferstehung Jesu Christi von den Toten hängt unser ganzes Christsein ab. Der hl. Paulus hat dies sehr tief empfunden: “Wenn aber Christus nicht auferweckt worden ist, dann ist euer Glaube nutzlos, und ihr seid immer noch in euren Sünden … Wenn wir unsere Hoffnung nur in diesem Leben auf Christus gesetzt haben, sind wir erbärmlicher daran als alle anderen Menschen” (1 Kor 15,17-19).

Warum wären wir erbärmlicher dran? Weil wir wegen der Auferstehung Christi natürlich auch an das Kreuz glauben. Wir glauben daran, dass in den Leiden, die wir in dieser Welt zu tragen haben, für uns Segen und Heil liegt und dass wir durch das Kreuz zur Herrlichkeit gelangen.

Mutter Julia Verhaeghe schreibt: „Das Kreuz des Herrn, im Glauben getragen, bricht nicht, sondern richtet auf. Der Glaube verwandelt die irdischen Dinge nicht an sich. Das Leiden bleibt schmerzlich, aber der Glaube gibt ihm einen tieferen Sinn, der uns aufruft, zur Gleichförmigkeit mit dem Herrn zu gelangen. Auch Jesus kannte die Angst vor dem Leiden. Der blutige Schweiß in Getsemani gibt Zeugnis davon, in welchem Maß er selbst gelitten hat. Dies bezeugt auch seine Bitte: ‚Mein Vater, wenn es möglich ist, gehe dieser Kelch an mir vorüber‘ (Mt 26,39). Doch Jesus hat in der vollen Hingabe an den Willen des Vaters gelitten. So konnte er auch beten: ‚Aber nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen‘ (Lk 22,42).“

Die tiefste Erfahrung dessen, was es heißt, durch das Kreuz zur Auferstehung zu gelangen, können wir jetzt schon machen durch das Sakrament der Beichte. Unsere Sünden, auch die lässlichen, sind ein Kreuz, das unser Leben schwer belastet. Die Beichte selbst hat mit diesem Kreuz zu tun. Aber wer dieses Kreuz auf sich nimmt und seine Sünden in einer guten Osterbeichte bekennt, der wird eine geistliche Auferstehung erfahren.

Dokument der Auferstehung

Das Turiner Grabtuch wird seit Jahrhunderten als Leichentuch Christi verehrt. Auf dem Tuch sind zwei schwache Abbilder eines menschliche Körpers in natürlicher Größe zu sehen, die deutlich die Spuren des Kreuzweges des Herrn tragen: die Geißelung (100 Hiebe), die Dornenkrönung, das Kreuztragen, die Wundmale an Händen und Füßen und an der Brust. Aber das Tuch gibt auch Hinweise darauf, dass mit diesem Leib etwas geschehen ist, das nicht mehr zu dieser Welt gehört. Wir nennen es Auferstehung. Die Wissenschaft hat hier beeindruckende Details zutage gebracht, die auf die Echtheit dieses Tuches hinweisen. Doch alle wissenschaftliche Tatsachen können niemanden zum Glauben an die Auferstehung Christi zwingen. Denn immer bleibt die Möglichkeit, alle Tatsachen zu bezweifeln.
Der Glaube an die Auferstehung Christi ist und bleibt eine Gnade, ein unverdientes Geschenk. Für den Glaubenden aber kann das Grabtuch ein eindrucksvolles Dokument sein, das ihn im Glauben stärkt.