Anna Katarina Emmericks Vision über den Zustand der Kirche

In der Festoktave von Weihnachten 1819 hatte Anna Katarina Emmerick eine Schau der Kirche, die für uns erschreckend und tröstlich ist:

«Ich sah die Peterskirche und eine ungeheure Menge Menschen, welche beschäftigt waren, sie niederzureißen; aber auch andere, welche wieder an ihr herstellten. Es zogen sich Linien von handlangenden Arbeitern durch die ganze Welt, und ich wunderte mich über den Zusammenhang. Die Abbrechenden rissen ganze Stücke hinweg, und es waren besonders viele Sektierer und Abtrünnige dabei.

Den Papst sah ich betend und von falschen Freunden umgeben, die oft das Gegenteil von dem taten, was er anordnete. Ich sah einen kleinen schwarzen, weltlichen Kerl in voller Tätigkeit gegen die Kirche. Während die Kirche auf der einen Seite so abgebrochen wurde, ward auf der andern Seite wieder daran gebaut, aber sehr ohne Nachdruck. Ich sah viele Geistliche … Sie schienen alle kein Vertrauen, keine Lust, keine Anweisung zu haben und gar nicht zu wissen, um was es sich handle. Es war ein Jammer. Schon war der ganze Vorderteil der Kirche herunter, und nur das Allerheiligste stand noch …

Da erblickte ich aber eine majestätische Frau über den großen Platz vor der Kirche wandeln. Ihren weiten Mantel hatte sie mit beiden Armen gefasst und schwebte leise in die Höhe. Sie stand auf der Kuppel und breitete weit über den ganzen Raum der Kirche ihren Mantel, der wie von Gold strahlte. Die Abbrechenden hatten eben ein wenig Ruhe gegeben. Nun wollten sie wieder heran, konnten sich aber auf keine Weise dem Mantelraume nähern. Aber von der andern Seite entstand eine ungeheure Tätigkeit der Aufbauenden. Es kamen ganz alte, krüppelige, vergessene Männer und viele kräftige, junge Leute, Weiber und Kinder, Geistliche und Weltliche, und der Bau war bald wieder ganz hergestellt … »

Der Allerseelen-Ablass – ein Werk der Nächstenliebe

Es gehört zu den wichtigen Werken der Nächstenliebe, dass wir für die Seelen unserer Verstorbenen beten. Durch den heute vorherrschenden Heilsoptimismus bedingt, hebt man die Verstobenen nur all zu leicht in den Himmel und vernachlässigt so diese Pflichten der Liebe ihnen gegenüber.

Denn wie wir zuversichtlich hoffen, sind zwar viele in der Gnade Christi gestorben, aber mit gläubigem Realitätssinn müssen wir doch zugeben, dass sie bei ihrem Tod noch keineswegs vollendeten Heilige waren. Wie uns der katholische Glaube sagt, gewährt ihnen Gott in seiner Güte und Liebe noch eine Läuterung. Durch die schmerzliche Sehnsucht nach ihm, den sie noch nicht sehen dürfen, d.h. durch das Fegefeuer, wird die Liebe vervollkommnet, die ihnen gefehlt hat. Wir können ihnen durch Gebet und Opfer, durch die Feier der heiligen Messe durch Ablässe und persönliche Bekehrung die Läuterung erleichtern und ihnen zur Vollendung helfen.

Der heilige Augustinus hat schon um das Jahr 400 geschrieben: „Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Verstorbenen durch die Kirchengebete und das heilsame Opfer Christi Hilfe erlangen, … und dass es den Verstorbenen zum Heile gereicht, aber nur jenen, die so gelebt haben, dass sie hoffen können, nach dem Tode Nutzen davon zu haben.“