Gott ist viel besser als wir denken

Pater Werenfried van Straaten, der Gründer des internationalen katholischen Hilfswerkes „Kirche in Not/Ostpriesterhilfe hat kurz vor seinem Tod 2004 mit 90 Jahren in einem Interview über seine Berufung als „Bettler für Gott“ gesprochen. Im Laufe seines Lebens hat er 3 Milliarden Euro erbettelt und an Notleidende weitergeleitet.

Er erzählte über ein Schlüsselerlebnis, das ihm den Weg zu seiner Berufung zeigte, ein „Bettler für Gott“ zu werden: „Als ich noch in der Ausbildung zum Priester war, verbrachte ich einmal eine Woche Urlaub bei meinen Eltern. Mein Vater war Lehrer, meine Mutter war zuhause. Als sie in die Stadt ging, um etwas zu kaufen, hat es geklingelt. Draußen stand ein Mann mit einer Geige. Er fing an zu spielen. Ich habe meine Bewunderung geäußert und ihm gesagt: ‚Das haben Sie nicht umsonst gemacht, ich muss schauen, ob ich etwas für Sie habe.‘ Ich fand den Geldbeutel meiner Mutter, aber da war nichts drin. Da habe ich gesagt: ‚Wir machen etwas anderes.‘ Während er gespielt hat, bin ich die ganze Straße abgegangen, habe überall geklingelt und gesagt: ‚Das ist ein guter Freund von mir, er will etwas für Sie spielen. Wenn Sie etwas Geld geben wollen, können Sie es mir aushändigen, ich gebe es ihm dann.‘ Eine halbe Stunde bin ich so mit ihm von Haus zu Haus.“

Pater Werenfried war von unerschütterlichen Gottvertrauen erfüllt, wenn es galt, den Menschen in Not zu helfen. So hat er oft Hilfsgelder zugesagt, die er noch gar nicht gesammelt waren. Das hat ihm am Anfang große Schwierigkeiten eingebracht. Er erzählt:

„Es stimmt, ich habe immer das Geld versprochen, bevor ich es hatte. Ich war ja ein armer Mensch, aber mit einem Vertrauen: Wenn Gott von mir verlangt, dass ich eine Not lindere, muss ich es tun, und Er, der mir das in mein Herz gelegt hat, wird mich dann nicht im Stich lassen. Von Gott erwartete ich, dass er in den Herzen meiner Leser und Zuhörer die Stürme der Liebe entfesseln würde, ohne die alle meine Versprechen eitle Angeberei gewesen wären. Die Folge war nicht, dass ich in eine psychiatrische Klinik eingesperrt wurde oder dass mich mein Abt unter Vormundschaft stellte. Die Folge war, dass sich das Evangelium, aus dem ich den Mut für dieses Wagnis geschöpft hatte, als zuverlässig erwies. Immer wieder sage ich deshalb meinen Mitarbeitern: Habt Gottvertrauen. Gott ist viel besser als wir denken. Und auch die Menschen sind viel besser als wir denken. Man muss die Menschen bloß davon überzeugen, dass sie für das Reich Gottes unentbehrlich sind. Sie warten nur auf das zündende Wort, das ihr Herz entflammt. Und dann fängt das Christentum wieder an, das einzige, was uns retten kann.“