Der folgende Begebenheit ereignete sich in Ungarn in der Zeit des Kommunismus. Sie wurde von einem Pfarrer berichtet und im Buch „Die Ikone“, von Maria Winowska veröffentlicht (hier neu geschrieben in gekürzter Form für die Druckausgabe des St. Antoniusblattes).
In einem kleinen Dorf in Ungarn, in dem viele Familien fest im katholischen Glauben verwurzelt waren, gab es in der Volksschule eine Lehrerin, die in verbissener Weise vom atheistischen Kommunismus überzeugt war. Sie dachte sich täglich etwas Neues aus, um die Kinder vom katholischen Glauben abzubringen. Angela, ein sehr frommes Mädchen, wurde von ihr besonders aufs Korn genommen.
Kurz vor Weihnachten, am 7. Dezember, erfand die Lehrerin ein grausames Spiel, mit dem sie dem Glauben der Kinder, den sie für eine „Pest für die Schule“ hielt, den Gnadenstoß versetzen wollte.
Angela wurde in ein scheinbar harmloses Frage- und Antwortspiel verwickelt. „Was tust du, wenn deine Eltern dich rufen?“ „Ich komme“, antwortet sie leise und scheu, sie ahnte schon, dass die Lehrerin ihr eine Falle stellen wollte. „Sehr gut! Und was geschieht, wenn deine Eltern den Rauchfangkehrer rufen?“ „Er kommt“, sagt Angela. „Ihre Augen funkelten wie die einer Katze, die mit einer Maus spielt. Sie schaute so boshaft, so boshaft“, sagte später eines der Mädchen über die Lehrerin. „Gut, mein Kind. Der Rauchfangkehrer kommt, weil es einen gibt, weil er lebt. Aber nehmen wir an, deine Eltern rufen deine Großmutter, die tot ist. Wird sie kommen?“ „Nein, ich glaube nicht.“ „Bravo. Und wenn sie das Rotkäppchen oder den Ritter Blaubart rufen?“ „Es wird niemand kommen, weil das Märchen sind.“ „Gut, sehr gut!“ triumphierte die Lehrerin. „Du scheinst ja heute sehr scharf denken zu können.“
„Das ist klar, nicht wahr?“ „Ja“, antwortet die Klasse im Chor. Zu Angela gewandt sagt sie. „Und jetzt nehmen wir an, ihr ruft das Jesuskind. Ist unter euch jemand, der noch an das Jesuskind glaubt?“
Einen Augenblick ist es ganz still. Dann melden sich einige schüchterne Stimmen: „Oja, ja…“ „Und du, Angela, glaubst du, dass das Jesuskind dich hört, wenn du es rufst?“ Angela fühlte sich plötzlich erleichtert. Das war also die Falle. Voll Eifer antwortet sie: „Ja, ich glaube, dass es mich hört.“ „Sehr gut. Wir wollen einmal den Versuch machen. Wenn es das Jesuskind, das Christkind, gibt, wird es hereinkommen, wenn ihr es ruft. Ruft also alle miteinander ganz laut: Komm, Jesuskind! Eins, zwei, drei, alle miteinander.“
Die Kinder senkten die Köpfe. In das angstschwere Schweigen fiel ein Hohngelächter. „Da wollte ich euch haben. Das ist mein Beweis. Ihr ge-traut euch nicht, es zu rufen. Denn ihr wisst ganz gut, es würde nicht kommen, euer Jesuskind. Und es hört euch nicht, weil es kein Jesuskind gibt, weil das bloß Sagen sind.“
Bestürzt schwiegen die Kinder noch immer. Die brutale Beweisführung traf sie mitten ins Herz. Die Lehrerin labte sich sichtlich an der Verwirrung der Kinder.
Angela stand noch immer stumm und totenbleich da. Da geschah etwas Unerwartetes. Angela sprang mit einem Satz mitten in die Klasse hinein. Ihre Augen funkelten, und sie schrie: „Wir wollen es aber doch rufen. Hört ihr! Alle miteinander rufen wir: Komm, Jesuskind!“
Darauf war die Lehrerin nicht gefaßt. „Komm, Jesuskind!“ „Es war wie ein Schrei, von dem die Mauern hätten einstürzen können“, sagte ein Kind später. Auf das Zeichen Angelas riefen die Kinder noch einmal: „Komm, Jesuskind!“ „Ich rief, aber ich erwartete nichts Besonderes,“ gestand später Gisela.
Und da geschah es, wie die Kinder dem Pfarrer berichteten. Plötzlich ging die Tür lautlos auf. Sie bemerkten es, denn das ganze Tageslicht floh plötzlich auf diese Tür zu. Dieses Licht wuchs, wuchs, dann wurde es eine Feuerkugel. Dann hatten sie Angst, aber es ging so schnell, dass sie nicht einmal Zeit hatten zu schreien. Die Kugel ging auf, und in der Kugel erschien ein Kind, bezaubernd, wie sie noch keines gesehen hatten. Das Kind lächelte sie an, ohne ein Wort zu sprechen. Seine Gegenwart war von unendlicher Schönheit. Sie hatten keine Angst mehr. Es war nur noch Freude. Es dauerte … einen Augenblick?, eine Viertelstunde?, eine Stunde? In diesem Punkt gingen die Meinungen auseinander.
Sicher ist, dass das Geschehen die Dauer einer Schulstunde nicht überschritt. Das Kind war weiß gekleidet und sah aus wie eine kleine Sonne. Es selbst brachte das Licht hervor. Die Tageshelle erschien daneben schwarz. Es sagte nichts, es lächelte nur, dann verschwand es in der Lichtkugel, die sich allmählich auflöste. Die Tür schloss sich leise von selbst. Voll Entzücken, das Herz von Freude überflutet, konnten die Mädchen kein Wort hervorbringen.
Da zerriss ein gellender Schrei die Stille. Ganz verstört schrie die Lehrerin: „Es ist gekommen! Es ist gekommen!“ Und dann floh die Lehrerin. Angela schien aus einem Traum zu erwachen. Sie sagte einfach: „Ihr seht, es gibt ein Jesuskind. Und jetzt wollen wir danken.“ Und sie knieten nieder und beteten. Dann verließen sie das Klassenzimmer, denn es hatte soeben geläutet, es war Pause.
Die Sache sprach sich bald herum. Die Eltern suchten den Pfarrer auf, und er befragte die Kinder, jedes für sich. Er fand in ihre Aussagen nicht den leiseste Widerspruch. „Wir waren in Bedrängnis“, sagte eines der Mädchen, „und da musste das Jesuskind kommen und uns helfen.“
Die Lehrerin aber musste in die Psychiatrie gebracht werden. Die Schulbehörde vertuschte die Sache. Wie es heißt, hat die Lehrerin unaufhörlich geschrien: „Es ist gekommen, es ist gekommen!“