Wenn man jemanden fragt, ob er ein Heiliger werden möchte, dann wird man meist eine ablehnende bis ausflüchtige Antwort erhalte. „Ich bin kein Heiliger! Ich möchte auch keiner sein!“
Aber wenn man nachfragen würde, was er sich unter einem Heiligen vorstellen, dann wird es klar, dass ein solches Heiligenleben nicht erstrebenswert ist.
Was ist mit Heiligkeit wirklich gemeint? Was sollen wir uns darunter vorstellen? Es ist ganz kurz gesagt, das Leben mit dem dreifaltigen Gott, es ist der Weg der Nachfolge Christi, auf dem wir im Geiste Christi gehen.
Die unzähligen Heiligen der Kirche geben uns ein lebendiges und vielfältiges Bild für diese Heiligkeit.
Eine der hier weniger bekannten Heiligen sei hier kurz vorgestellt: Es ist die selige Elisabeth von der heiligsten Dreifaltigkeit, eine Karmelitin, die im Karmel von Dijon in Frankreich gelebt hat, ähnlich wie die hl. Theresia vom Kinde Jesu früh gestorben ist, mit 25 Jahren, deren Leben aber von einer inneren, tiefen Gottesliebe erfüllt war, wie wir sie uns kaum vorstellen können. Sie war eine große Mystikerin des Geheimnisses der heiligsten Dreifaltigkeit.
Elisabeth wurde 1880 geboren, war Tochter eines Offiziers, hatte von ihrer Kindheit an engen Kontakt mit dem Karmel in Dijon und ist dort mit 21 Jahren eingetreten.
Sie erhielt bei ihrem Eintritt den Namen “Elisabeth von der heiligsten Dreifaltigkeit”. Sie sah ihr Lebensprogramm darin, diesen Namen zu verwirklichen: Elisabeth heißt übersetzt: Haus Gottes. Sie wollte ein Haus Gottes sein, das von der heiligsten Dreifaltigkeit bewohnt ist.
In einem Brief von Ende Sep. 1903 schrieb sie: „Mein ganzes Bemühen besteht darin, in mein Inneres einzugehen und mich in jene Drei zu verlieren, die dort sind.”
Im Nov. 1904 verfasste sie ein berühmt gewordenes Gebet zur heiligste Dreifaltigkeit, das ihre tiefe Schau dieses Geheimnisses und ihr inneres Leben mit den drei göttlichen Personen widerspiegelt.
In ihrem letzten schweren Leiden trat die tiefe Vereinigung mit dem dreifaltigen Gott immer deutlicher hervor. Sie wollte ein Lob der Herrlichkeit der heiligsten Dreifaltigkeit sein: “Ich gehe zum Licht, zur Liebe und zum Leben.” Das waren die letzten Wort in ihrer schweren, schmerzhaften Krankheit, bevor sie am 9. Nov 1906 mit 25 Jahren starb. Es ist hier nicht möglich, weitere Aspekte ihres geistlichen Lebens zu entfalten, aber eines könnte uns noch zu denken geben.
Am 2. August 1901 trat Elisabeth in den Karmel von Dijon ein. Sie musste einen Fragebogen ausfüllen. Die Antworten, die sie kurz und prägnant auf die Fragen gab, bezeugen ihre große Entschlossenheit, nach Heiligkeit zu streben.
Was würden wir auf diese Fragen antworten?
1. Was ist für Sie das Ideal der Heiligkeit? – Aus Liebe leben.
2. Was ist das Mittel, dieses
Ideal am raschesten zu erreichen? – Sich ganz klein machen, sich ohne Sicherung ausliefern.
3. Welchen Heiligen lieben Sie am meisten? – Den Liebesjünger, der an der Brust des Herrn geruht hat.
4. Welcher Punkt der Ordensregel sagt ihnen am meisten zu? – Das Schweigen.
5. Welches ist der Hauptzug ihres Charakters? – Die Empfindsamkeit.
6. Welches ist ihre Lieblingstugend? – Die Reinheit. „Selig, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen.“
7. Welches ist der Fehler, den sie am meisten verabscheuen? – Der Egoismus im allgemeinen.
8. Geben sie eine Wesensbestimmung des Gebetes. – Die Vereinigung des Nichtseienden mit dem Seienden.
9. Welches ist ihr Lieblingsbuch? – Die Seele Christi: sie offenbart mir alle Geheimnisse des himmlischen Vaters.
10. Fühlen sie eine starke Sehnsucht nach dem Himmel? – Oft sehne ich mich danach, aber abgesehen von der Schau besitze ich ihn (den Himmel) ja im Innersten meiner Seele.
11. In welcher Verfassung möchten sie sterben? – Liebend möchte ich sterben und so in die Arme dessen sinken, den ich liebe.
12. Welche Form des Martyriums wäre Ihnen die erwünschteste? – Ich liebe sie alle, besonders das der Liebe.
13. Welchen Namen möchten Sie im Himmel tragen? – Wille Gottes.
14. Was ist ihr Wahlspruch? – Gott in mir und ich in ihm.