Als Gott die Welt erschaffen hatte, freute er sich über alle seine Werke. Jedes Wesen hatte seine Bestimmung und alle Geschöpfe lebten fröhlich in ihrer Eigenart. Nur das Lamm lag traurig vor dem Throne Gottes und konnte die Freude der anderen Geschöpfe nicht teilen. Gott bemerkte das Leid des Lammes und fragte es: „Was fehlt dir, dass du so traurig bist?“ „Ach, mein Gott“, antwortete das Lamm seufzend, „wie kann ich vergnügt und fröhlich sein, wenn ich so schwach und hilflos bin. Warum hast du mir nicht Waffen zur Verteidigung gegeben wie allen anderen Tieren? Sie haben spitze Hörner und scharfe Klauen, kräftige Rüssel und giftige Zähne, schnelle Beine und breite Flügel und können sich retten durch Klettern und Laufen, Fliegen und Tauchen, Beißen und Stechen, Fangen und Rauben. Aber ich bin wehrlos und der Willkür meiner Feinde ausgesetzt.“
Gott hörte die Klagen des Lammes und gab ihm Recht: „Ich überlasse dir die Wahl. Möchtest du Krallen, Nägel, scharfe Zähne, ein Geweih oder Rüssel, Flügel oder Flossen?“ „Ach nein, mein Gott. Solche gefährlichen Waffen verletzen ja nur. Ich möchte dich um noch besseren Waffen bitten, mit denen ich das Böse und die Feinde wirklich überwinden kann!“ – „Deine Bitte ist gerecht, darum will ich sie dir erfüllen. Ich gebe dir hiermit die besten Waffen, mit deren Hilfe du alles überwinden und besiegen kannst!“ Und Gott gab dem Lamm seine besten Gaben, nämlich Sanftmut, Hingabe und Geduld.
(Nach einem jüdischen Märchen)