Sie ging mit Gott einen wunderbaren Tausch ein

Man kennt weder das Jahr noch den Tag, da Aleth (Alice, Elise) de Montbard, ein Sprößling des französischen Hochadels, geboren wurde, und von ihrem frühen Tod im Alter von etwa fünfunddreißig Jahren weiß man nur, dass er in das Jahr 1106
oder 1107 fällt.

Aleths Eltern hatten das Kind nach mittelalterlichem Brauch bereits vor der Geburt Gott versprochen, das heißt, sie sollte einmal ins Kloster gehen. Aleth war als Mädchen mit dem Versprechen der Eltern durchaus einverstanden. Aber da begegnete ihr eines Tages die Liebe in der Gestalt des jungen Grafen Tezelin de Fontaineles Dijon. Das Herz von Aleth fing Feuer, und bald schon kam sie zur Überzeugung, dass sie für die Ehe bestimmt war. Weil sie aber auch das Gelöbnis der Eltern achten wollte, schlug sie Gott vor, dass sie ihm alle Kinder, die er ihr schenken würde, an ihrer Stelle als Ersatz weihen wollte. Man ist versucht, über das junge Mädchen zu lächeln, Gott aber hat nicht gelächelt, sondern ist auf den Vorschlag eingegangen.

Aleth heiratete und brachte der Reihe nach sieben Kinder zur Welt, zuerst die drei Buben Guido, Gerhard und Bernhard, dann das Mädchen Humbeline und anschließend wieder drei Buben, Andreas, Bartholomäus und Nivard. Auf Schloß Fontaine-les-Dijon ging es meistens laut zu, denn fünf von den Buben waren dem kriegerischen Vater nachgeschlagen. Kampfspiele, Turnen, Fechten und Reiten füllten ihre Tage. Nur Bernhard war ein stilles Kind, schüchtern und scheu, unbeholfen im täglichen Leben und für sein Alter viel zu ernst. Am besten verstand er sich mit seiner Mutter, die für ihn sein großen Vorbild im Glauben war. Als seine Mutter starb – Bernhard besuchte gerade fern von zu Hause eine Schule – erkannte er ganz klar seine Berufung ins Kloster. Als er sein Vorhaben seinem Vater und seinen Brüdern offenbarte, stieß er auf Widerstand.

Aber an diesem Widerstand entzündete sich in Bernhard, der sonst immer scheu und zurückgezogen war, ein Feuer der Begeisterung für das Ordensleben, mit dem er auch in seiner Familie und in seiner Nachbarschaft eine Reihe von jungen Männern ansteckte.

Zusammen mit ihm traten ein Onkel von ihm und vier seiner Brüder und noch zwanzig andere junge Männer aus den benachbarten Schlössern ins Kloster von Citeaux ein. Bernhard hatte sie durch seine Begeisterung dazu bewogen, die Ritterrüstung mit der Mönchskutte zu vertauschen.
Einige Jahre später folgte auch Nivard – der Jüngste – seiner sechs Brüder. Auch ihre Schwester ging ins Kloster; und schließlich schloss sich auch der greise Vater den Söhnen an und wurde ein heiligmäßiger Mönch.

Gott hatte den kindlichen Vorschlag, den ihm Aleth de Montbard gemacht hatte, nicht nur angenommen, sondern er hat ihn obendrein dadurch gekrönt, daß außer ihrem eigenen Namen die Namen ihrer Söhne Bernhard, Gerhard und Nivard und der ihres Gatten Tezelin heute im Heiligenverzeichnis der Kirche stehen. Aleths höchster Ruhm aber ist Bernhard, einer der größten Heiligen, welche die Kirche besitzt, und die Quelle seiner Herrlichkeit und Heiligkeit war das gläubige und liebende Herz seiner Mutter Aleth.