Am 16. Sonntag im Jahreskreis hören wir im Evangelium das Gleichnis vom Unkraut und vom Weizen auf dem Feld. Die Zeit der Kirche, in der wir jetzt stehen, ist die Zeit der Aussaat und des Wachstums. Jesus ist der Sämann, der den Acker der Kirche bestellt. Durch seinen Geist, sein Wort und die Sakramente werden wir zu Kindern seines Reiches und dürfen in der Heiligkeit wachsen. Aber auch der böse Feind, der Teufel, sucht seinen Samen, das heißt seinen Ungeist auszusäen, wie zum Beispiel Unglauben, Hass, Hochmut und Lüge, so dass die Menschen zu „Söhnen des Bösen“ werden. So wächst beides auf dem Acker der Kirche: Unkraut und Weizen.
„Sollen wir gehen und es ausreißen?“, fragen die Diener. „Lasst beides wachsen bis zur Ernte“, antwortet der Gutsherr.
Wir möchten gerne schnelle Lösungen herbeiführen, jetzt schon Gericht halten und jene, die uns als die Bösen und Störenden, die Schwierigen und Unerträglichen erscheinen, beseitigen. Aber Gott denkt anders. Am Ende der Zeit wird es sicher ein Gericht geben, in dem die Bösen von den Guten endgültig getrennt werden, aber jetzt ist noch die Zeit der Gnade und des Wachsens.
Gott hat Geduld mit uns, denn er will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er umkehrt und lebt. Auch Jesus sagt von sich, dass er nicht gekommen ist, um zu richten, sondern um zu retten, indem er die Bosheit dieser Welt und die Sünden der Menschen geduldig und aus Liebe erträgt bis zu seinem Tod am Kreuz. Er verzichtet darauf, seinem Leiden durch das Herbeirufen von zwölf Legionen Engeln ein schnelles triumphales Ende zu setzen.
Diese Geduld Gottes mit dem „Unkraut“, d.h. mit dem Geheimnis der Bosheit in der Kirche, fordert auch unsere Geduld heraus. Aber wenn wir in der Nachfolge Christi mit ihm geduldig die Leiden ertragen, die durch die Bosheit des Teufels verursacht werden, so dürfen wir mit Christus mitwirken an der Erlösung vieler.
Wir könnten zum Beispiel fragen: Warum hat Gott dem hl. Paulus nicht früher die Gnade der Bekehrung geschenkt? Die junge Gemeinde der Gläubigen hatte lange unter seinen Verfolgungen zu leiden. Stefanus musste seinetwegen sogar das Leben lassen.
Warum wurde die hl. Monika auf eine so lange Geduldsprobe gestellt, bis ihr Sohn, der hl. Augustinus, sich bekehrte? Sie hatte lange zu leiden unter den Irrwegen ihres Sohnes. Man könnte noch viele andere Beispiele aufzählen. Es geht immer um das Geheimnis der Erlösung. Der hl. Franz von Sales sagt: „Denke oft daran, dass der Heiland uns durch Leiden und Dulden erlöst hat; auch wir können unser Heil nur wirken durch Leiden und Kummer, durch möglichst geduldiges Ertragen der Unannehmlichkeiten.“