Theodor Haecker (1879 bis 1945) war einer der großen – heute vergessenen – katholischen Schriftsteller und Denker, der mit großer Klarheit die Welt und die Zustände der Zeit im Licht des katholischen Glaubens sah.
Angesichts des nationalsozialistischen Zeitgeistes schriebe er in sein Tagebuch (später als „Tag- und Nachtbücher“ herausgegeben): „Ich habe nicht die Macht zu verhindern, dass heute das Gesindel die Welt regiert, aber gegen eines kann ich mich Gott sei Dank doch wehren, so schwach ich auch bin, dass mir nämlich das Gesindel die Welt erklärt. Hier bin ich nicht wehrlos.“
Als die Gestapo eine Hausdurchsuchung vornahm und Haecker verhörte, kam seine sechzehnjährige Tochter Irene, völlig unerwartet, einige Stunden früher als ausgemacht worden war, in die väterliche Wohnung zurück („auf Eingebung des Schutzengels“, wie sie später selbst bekannte). Sie erblickte im Zimmer die Handschrift der heimlich geführten „Tag- und Nachtbücher“ ihres Vaters, während die Beamten gerade in einer anderen Ecke nach verdächtigen Unterlagen suchten. Geistesgegenwärtig und beherzt ergriff sie das Manuskript und sagte gelassen: „Ich muss jetzt zur Klavierstunde.“ Sie sagte es zu ihrer eigenen Überraschung, da sie das Klavierspiel überhaupt nicht erlernt hatte. Der Beamte meinte, Haeckers Tochter habe ein Notenheft oder eine Partitur an sich genommen, und sagte kurz: „Dann gehen Sie halt!“ Irene brachte das Tagebuch, das, wäre es entdeckt worden, ihrem Vater sicher Konzentrationslager oder Tod durch den Strang eingetragen hätte, zu einem befreundeten Priester. Dort packte sie echte Noten ein. Als sie zurückkam, wurde ihre Tasche von einem Gestapomann durchsucht. Zutage kamen Klaviernoten. Das Verfahren wegen Hochverrats wurde später eingestellt.