Über die Lage der Christen in Syrien in den vom ‚Islamischen Staat‘ besetzten Gebieten wird in den Medien wenig berichtet.
Der französische Priester Pater Jacques Mourad, Prior eines syrisch-katholischen Klosters in der Stadt Karjatain, die im Gebiet des IS liegt, gibt uns in seinen Berichten ein wenig Einblick in die Situation und in das, was er selbst erlebt hat.
Am 21. Mai 2015 wurde er und ein Mitbruder seines Klosters von IS-Terroristen entführt und als Geisel genommen. In Raqqa, einer IS-Hochburg wurde er drei Monate gefangen gehalten.
Mourad sagte, während dieser Zeit hätten sie genug zu essen erhalten und seien medizinisch versorgt worden. Aber „fast täglich haben mich verschiedene IS‑Wachen in meiner Zelle besucht und mich gefragt: ‚Wer bist Du?‘ Ich antwortete: ‚Ich bin Christ.‘ ‚Dann bist Du ein Ungläubiger‘ ‑ schrien sie mich an – ‚wenn Du nicht bald zum Islam konvertierst, werden wir Dich mit dem Schwert umbringen‘. Doch je mehr die Zeit verging, umso mehr verspürte ich plötzlich eine große innere Ruhe. Ich hatte keine Angst mehr vor meinem bevorstehenden Tod. Sollte ich sterben, war mir wohl bewusst, dass ich von den vielen hingerichteten christlichen Märtyrern weder der erste noch der letzte sein würde …“
Im August wurde er nach Palmyra gebracht, wo er dann mit 250 Christen zusammen war, die dort gefangen gehalten wurden. Er konnte mit Gefangenen in einem unterirdischen Schlafsaal sogar Gottesdienste feiern.
„Die Christen“, so Pater Murad, „beschäftigten sich oft mit ihrem Glauben und der christlichen Lehre und konvertierten trotz des großen Drucks nicht zum Islam. Sie beteten treu den Rosenkranz und diese Situation der Prüfung hat ihren Glauben gestärkt und auch meinen eigenen Glauben als Priester. Es ist, als ob ich neu geboren worden wäre.“
Am 10. Oktober 2015 konnte er aus der Gefangenschaft des IS freikommen. „Ich habe mich getarnt und bin, mit Hilfe eines muslimischen Freundes, am vergangenen Samstag von Karjatain mit einem Moped geflüchtet. Jetzt versuche ich, gemeinsam mit einem orthodoxen Priester und muslimischen Freunden, auch die anderen gefangenen Christen zu befreien. Gerade heute haben es weitere 40 Christen geschafft, aus der Haft zu entkommen. Ich möchte mich bei allen bedanken, die intensiv auch für mich gebetet haben. Es ist ein echtes Wunder, dass sich ein Priester aus den Fängen des IS überhaupt befreien konnte.“
Pater Mourad möchte auch andere Christen aus Karjatain zum Gehen bewegen. Viele Christen wollten bleiben, weil sie keinen anderen Ort hätten. „Manche können nicht akzeptieren, vertrieben zu sein, und wollen lieber zu Hause sterben. Andere sind überzeugt, dass der Islamische Staat, mit dem sie einen Vertrag haben, sie schützt“. Derzeit lebten noch rund 160 Christen in Karjatain. „Wir bitten Gott, sie zu schützen, denn die Stadt ist ein gefährliches Schlachtfeld. Es gibt keinen Schutz, nirgendwo ist es sicher“ sagte Pater Mourad.