Eine Frau hat ein Zeugnis gegeben über eine lehrreiche Erfahrung, in der wir uns leicht selber wiederfinden können:
Sie saß in einem großen Flughafen und wartete auf ihren Flug, der mehreren Stunden Verspätung hatte. Um die Zeit irgendwie zu vertreiben, kaufte sie sich ein interessantes Buch und eine Packung Kekse und machte es sich auf den Sitzen im Flughafen gemütlich.
Neben ihr war ein leerer Sitz, auf dem eine Packung Kekse lag und einen Sitz weiter saß ein junger Mann, der in einer Zeitschrift blätterte. Sie schlug ihr Buch auf und nahm sich einen Keks aus der Packung. Der Mann nahm sich ebenfalls einen Keks aus der Packung! Das empörte sie, doch sie wollte keine Szene machen, sagte nichts und las einfach weiter. Aber jedes Mal, wenn sie einen Keks aus der Packung nahm, tat der Mann es ihr gleich. Das machte sie wütend, doch sie wollte in einem überfüllten Flughafen keinen Streit anfangen. Als nur ein Keks in der Packung übrig blieb, dachte sie: „Jetzt möchte ich aber sehen, was dieser Flegel tut!“
Als ob er ihre Gedanken lesen konnte, nahm der Mann den Keks, brach ihn in der Mitte und reichte ihr eine Hälfte, ohne sie auch nur anzuschauen. Das brachte ihr Fass zum Überlaufen: Sie wollte ihn schon beschimpfen, konnte sich aber in letzter Sekunde beherrschen, stand auf, nahm ihre Sachen und ging weg.
Als sie später in ihrem Flieger saß, suchte sie in ihrer Tasche nach ihrer Brille und fand … eine Packung Kekse! Da erinnerte sie sich, dass sie ihre Kekse in ihre Tasche gelegt hatte und der Mann, den sie für einen Grobian hielt, hatte SEINE Kekse mit ihr geteilt. Und das tat er einfach so aus Gutherzigkeit, ohne auch nur ein wenig wütend zu werden.
Sie schämte sich, doch konnte sie sich nicht mehr entschuldigen und ihren Fehler wieder gutmachen.
„Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?“ Mit diesem Wort aus der Bergpredigt (Mt 7,3) hat uns der Herr einen wichtigen Zusammenhang bewusst gemacht. Nur all zu leicht ärgern wir uns über das Verhalten und die Fehler unserer Mitmenschen und wir merken es nicht, dass wir dasselbe tun oder denselben Fehler haben, an dem wir Anstoß nehmen. Wir können uns diesen Zusammenhang zunutze machen, um in der Selbsterkenntnis und Demut zu wachsen. Immer wenn wir also den Splitter im Auge unseres Bruders bemerken, können wir uns auch auf die Suche nach dem eigenen Balken machen.
Der sel. Kardinal Newman hat sehr schön gesagt: „Gott spricht in erster Linie zu uns in unserem Herzen. Selbsterkenntnis ist der Schlüssel zu den Geboten und den Lehren der Heiligen Schrift. Erst wenn wir erfahren haben, was es heißt, in unserm Herzen zu lesen, dann werden wir aus der Lehre der Kirche und der Bibel Nutzen ziehen.“