Nicht sterben werde ich, sondern leben

isele-josefGott sagt durch den Proheten Jesaja, dass er mit seinem Wort das bewirkt, was er will, und all das erreichen kann, wozu er es ausgesandt hat (vgl. Jes 55,11). Das Wort Gottes hat eine große Macht über die Herzen der Menschen. Wie ein solches Wort uns retten und wie es sich prophetisch erfüllen kann, hat in eindrucksvoller Weise, der 2007 verstorbene Redemptorist Pater Josef Isele berichtet. Er erzählte:

„Am 13. März 1945 stand ich als 25-jähriger Theologiestudent in Uniform vor einem russischen Erschießungskommando. Der Major wollte wissen, wo meine Kameraden seien. Das wusste ich nicht, denn bei meiner Gefangennahme war ich allein gewesen. ‚Wenn du nichts sagst, wirst du erschossen!‘  ‚Ich weiß es wirklich nicht!‘  ‚Gut, dann wirst du eben erschossen.‘ Zwei Soldaten brachten die Maschinengewehre in Anschlag, während ich vor einen dicken Baum gestellt wurde, die ganze Kompanie sah zu. Der Major besprach sich mit dem Dolmetscher.

Plötzlich kam er auf mich zu. Er hatte meinen kleinen Feld-Schott (Laien-Messbuch) in der Hand. Er entnahm ihm einen kleinen Zettel, auf den ich in Zierschrift einen Psalmvers geschrieben hatte: ‚Dextera Domini exaltavit me: Non moriar, sed vivam et narrabo opera Domini.‘ Er fragte: ‚Was das heißen?‘  ‚Das ist Latein‘, sagte ich. ‚Ich auch Latein! Du übersetzen!‘, befahl er. Ich begann: ‚Die Rechte des Herrn hat mich erhöht: Nicht sterben werde ich, sondern …‘ Der Major ließ mich nicht ausreden. Das Erschießungskommando musste zurücktreten …

Ich kam als Gefangener nach Sibirien, doch noch im gleichen Jahr erreichte ich wohlbehalten die Heimat, wo ich am 7. August 1949 das Ziel meines Lebens, die Priesterweihe, erlangte.

‚Ich werde nicht sterben, sondern leben, um die Taten des Herrn zu verkünden‘ (Ps 118,17). Diese Worte, die ich damals nicht mehr zu Ende übersetzen konnte, haben für mich die Kraft einer Prophezeiung angenommen, die sich in meinem priesterlichen Dienstes erfüllt hat. Gott sei gedankt für sein Wort, das lebendig und kraftvoll ist und wirklich Leben rettet.“