In den Evangelien der Sonntagen im Februar hören wir wichtige Abschnitte aus der Bergpredigt Jesu. Jesus legt uns darin die Gebote, Weisungen und Prinzipien vor, an die wir uns als seine Jünger halten sollen, damit wir wahrhaft Kinder unseres Vaters im Himmel werden (vgl. Mt 5,45).
Eines der Gebote, das für uns menschlich gesehen am schwersten zu verstehen ist, ist das Gebot des Verzichtes auf Rache und der Feindesliebe. Wenn Jesus sagt: “Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin”, oder “Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen”, dann werden wir dem vielleicht theoretisch zustimmen, aber wenn es konkret wird, werden wir vielleicht auch so denken, wie es in der folgenden Begebenheit geschildert wird.
In den 60-er Jahren war der sowjetischen Regierungschefs Nikita Chruschtschow in Frankreich zu Besuch und man hat ihm auch die Kathedrale von Reims gezeigt. Nach der Führung hat er zu dem Prälaten, der ihn begleitet hat, gesagt: “Eigentlich stimme ich mit allem überein, was euer Christus gelehrt hat. Ein Mann mit sozialen Ideen. Ein Mann, der für die Revolution war. Wirklich, euer Christus imponiert mir.” Aber nach einer Weile machte er doch die bemerkenswerte Einschränkung: “Nur eines verstehe ich nicht an eurem Christus; wenn er sagt: Haut dich einer auf die linke Backe, reich ihm auch die rechte! – Nein, wenn mich einer schlägt, dann mache ich ihn einen Kopf kürzer.” Er hat genau das ausgesprochen, was in der Welt üblich ist. Hier geht es nicht bloß “Aug um Auge, Zahn um Zahn”, das wäre ja noch gerecht, sonder für eine Ohrfeige macht man den anderen gleich um einen Kopf kürzer.
Aber was ist nun mit dieser anderen Wange gemeint?
Es geht hier ganz offensichtlich um die persönlichen Beleidigungen und Verletzungen, die uns in verschiedenster Weise treffen können.
In solchen Situationen sind wir zwar manchmal nach außen hin fähig, ein Unrecht oder eine Beleidigung zu ertragen – um des Lieben Friedens willen. Aber innerlich haben wir diesen Schlag noch lange nicht überwunden. Wir sind versucht, ganz heftige Gedanken des Zornes, des Hasses, der Rache mit uns herumzutragen, ja vielleicht sogar ein Leben lang, weil wir das Unrecht nicht verzeihen können.
Wenn Jesus hier sagt, wir sollen auch die andere Wange hinhalten, so könnten wir darunter die Gesichtsseite des inneren Menschen verstehen.
Jesus wollte, dass wir jeden Hass auf die Menschen, jeden Gedanken der Rache in der Tiefe unserer Seele von Grund auf überwinden durch das Vergeben und Verzeihen, so wie er es getan hat. Das ist aber nur möglich mit seiner Gnade und in seinem Geist.