Es ist eines der bekanntesten Fotos des Vietnamkriegs. Ein kleines Mädchen rennt mit schmerzverzerrtem Gesicht um ihr nacktes Leben. Das Bild „Napalm-Angriff“ ging um die Welt. Was aus dem Mädchen von damals wurde, erzählt Kim Phuc. Es ist ihre eigene Geschichte.
»Meine Familie war wohlhabend und ich hatte eine glückliche Kindheit. … Ich erinnere mich genau, es war der 8. Juni 1972. Wir hatten während eines Luftangriffs Zuflucht im Cao Dai Tempel gesucht. Ich sah, wie ein Flugzeug tiefer flog und vier Bomben abwarf. Überall um mich war Feuer. Ich rannte um mein Leben. Dann bemerkte ich, dass auch ich brannte, das Feuer hatte meine Kleider verbrannt.
Napalm löst den schrecklichsten Schmerz aus, den man sich vorstellen kann. Wasser kocht bei 100 Grad. Napalm erreicht Verbrennungstemperaturen zwischen 800 und 1200 Grad Celsius. Die zähflüssige Masse fraß sich in meine Haut und löste Verbrennungen dritten Grades aus. Ich war erst neun Jahre alt, aber ich erinnere mich an die Gedanken, die ich hatte: Ich würde hässlich sein und Menschen würden mich von jetzt an anders behandeln. Genau in diesem Moment wurde das Bild von mir gemacht.
Nachdem mir der Fotograf etwas zu trinken gegeben hatte und Wasser über meinen Körper schüttete, verlor ich mein Bewusstsein. Keiner rechnete damit, dass ich überleben könnte. Wenige Tage später wachte ich in einem Krankenhaus auf. Auch aufgrund des Fotos, das die Welt aufgerüttelt hatte, wurde ich gut behandelt. Erst nach zwei Jahren und 17 Operationen konnte ich nach Hause zurückkehren.
Ich hatte gehofft, einfach wieder ein normales Kind sein zu können, doch unser Haus war zerstört, wir hatten alles verloren und versuchten einfach nur Tag für Tag zu überleben.
Obwohl ich immer noch Schmerzen von den Verbrennungen hatte, meine Wunden juckten und ich unter starken Kopfschmerzen litt, träumte ich davon, einmal Ärztin zu werden. Ich bemühte mich, in der Schule aufzuholen und gute Leistungen zu bringen, doch die Regierung hatte andere Pläne mit mir. Ich war das „Vorzeigeopfer“ und man brauchte mich für Propaganda-Zwecke. Meine Bildung wurde deswegen vorerst auf Eis gelegt.
Eigentlich wollte ich mich nur von meiner Vergangenheit lösen. Ich wollte nichts mit diesem Foto zu tun haben. Wollte vergessen, was geschehen war. Aber man bestand darauf, dass sich alle erinnern.
Immer wieder fragte ich mich: „Warum ausgerechnet ich? Warum ist das mir passiert?“ Ich war bitter geworden, trug eine Wut in mir und sah mein Leben als eine Last. Ich hasste mein Dasein und wollte am liebsten einfach nur sterben. Ich hasste alle Menschen, die normal waren, weil ich nicht mehr normal sein durfte. Ich konnte nicht verstehen, warum ich das mitmachen musste und immer noch am Leben war.
Weil ich nicht weiter auf die Schule gehen durfte, verbrachte ich viele Tage in der Bibliothek. Dort fand ich eine Bibel und konnte gar nicht mehr aufhören, sie zu lesen. Aus Neugier ging ich auch in eine Kirche und hörte zum ersten Mal in meinem Leben die Gute Nachricht von Jesus. Die Liebe Gottes veränderte mein Leben. Ich erfuhr, dass Jesus für meine Schuld am Kreuz gestorben ist und so bat ich Gott, mir zu vergeben und in mein Leben zu kommen. Das war an Weihnachten 1982 und wurde zu einem unglaublichen Wendepunkt. Von diesem Moment an lautete der Schrei in mir nicht mehr: „Warum ich?“, sondern „Bitte hilf mir!“
Mein Leben war bisher wie eine Tasse Kaffee gewesen. Schwarzer Kaffee. Voller Hass, Wut, Bitterkeit und Sorgen. Doch Gott zeigte mir, wie ich die Finsternis aus meinem Leben vertreiben konnte: Indem ich diese Tasse Kaffee jeden Tag vor ihm ausschütten durfte, bis sie ganz leer war. Und stattdessen füllte Gott mich mit seiner Liebe und schenkte mir Frieden, Weisheit, Geduld und Leidenschaft für andere. Jesus hat meinen Hass in Frieden verwandelt! Ich konnte plötzlich darauf vertrauen, dass Gott mein Leben führt und es gut macht.
Gott hat mir auch bei meiner schwersten Aufgabe geholfen: Zu vergeben. Die Vergebung hat mich vom Hass befreit. Noch immer trage ich die Wunden an meinem Körper. Noch immer habe ich starke Schmerzen. Aber mein Herz ist rein und voller Liebe und Frieden.«
Heute lebt Kim Phuk mit ihrem Mann und ihren zwei Söhnen in Toronto. 1994 wurde sie von der UNESCO zur Botschafterin für den Frieden ernannt. 1997 gründete sie die Kim Phuc Foundation, die sich für Kinder einsetzt, die Kriegsopfer wurden.
Quelle: https://www.jesus.ch