Das Wunder des heiligen Feuers

Das Wunder des heiligen Feuers halten viele der orthodoxen Christen für das größte aller christlichen Wunder. Es findet jedes Jahr zur selben Zeit, auf die selbe Art und am selben Ort statt. Man kann über dieses Wunder bereits in Schriften aus dem achten Jahrhundert lesen. Es ereignet sich in der Grabeskirche (Auferstehungskirche) in Jerusalem, die über Golgatha, dem Ort der Kreuzigung Jesu, und dem Grab Jesu, dem Ort seiner Auferstehung von den Toten, errichtet ist.

Das Wunder geschieht jedes Jahr am orthodoxen Ostersamstag. Das orthodoxe Osterfest fällt auf ein anderes Datum als das protestantische und katholische.

Um 13:00 Uhr schiebt sich eine Delegation der lokalen israelischen Polizei durch die Menge. Obwohl sie keine Christen sind, sind sie Teil der Zeremonie. Sie repräsentieren die Römer zur Zeit Jesu, die das Grab Jesu versiegelten. Die Polizei durchsucht das Grab nach versteckten Feuerquellen, damit kein Betrug möglich ist und versiegelt die Tür mit Wachs. Um 13:45 Uhr betritt der Patriarch die Kirche. An der Spitze einer großen Prozession umkreist er dreimal das Grab. Dann legt er zum Zeichen der Demut seine liturgischen Kleider bis auf ein weißes Gewand ab und betritt mit zwei Kerzenbündeln zu je 33 Kerzen allein die Grabeskammer.

Der Patriarch von Jerusalem, Diodorus, berichtet in einem Interview, was nun im Grab Jesu geschieht:

„Ich suche meinen Weg bis in den Grabraum in der Dunkelheit und falle auf die Knie. Hier spreche ich bestimmte Gebete, die uns durch Jahrhunderte überliefert wurden und warte dann. Manchmal warte ich ein paar Minuten, aber meistens passiert das Wunder gleich, nachdem ich gebetet habe. Aus dem Innern des Steins, auf dem Jesus aufgebahrt wurde, entweicht ein unbeschreibbares Licht. Normalerweise hat es eine blaue Nuance, aber die Farbe kann sich ändern und kann viele Töne annehmen. Man kann es mit menschlichen Worten nicht beschreiben. Das Licht steigt aus dem Stein empor, sowie Nebel aus einem See.

An einem bestimmten Punkt steigt das Licht empor und bildet eine Säule, in der das Feuer sich anders verhält, so dass ich meine Kerzen anzünden kann. Nachdem ich das Feuer empfangen habe, gehe ich nach draußen und gebe das Feuer zuerst dem armenischen und dann dem koptischen Patriarchen und dann allen Menschen, die sich in der Kirche befinden.“ Unter großem Jubel wird das heilige Feuer des Auferstandenen, das ohne menschliches Zutun im Grab entstanden war, an die Gläubigen weitergegeben. „Das Wunder bewegt mich jedes Jahr aufs Neue tief“, sagt der Patriarch. „Für mich persönlich ist es ein großer Trost, Christi Treue zu uns zu erleben, die Er dadurch beweist, dass Er uns das Licht jedes Jahr trotz unserer Schwächen und Versagen wieder sendet.“