Als die römische Glaubenskongregation am 22. Feb. 2021 eine Klarstellung veröffentlichte, dass eine Segnung homosexueller Verbindungen durch die Kirche nicht möglich sei, weil Gott „die Sünde nicht segnen kann“, ging eine heftige Welle des Protests durch die Welt und auch durch die Kirche im Zeichen der Regenbogenfahne. Diese Proteste offenbaren nur, wie weit sich unsere Gesellschaft und viele Glieder der Kirche bis hin zu Amtsträgern vom Geist des Evangeliums und der Wahrheit des katholischen Glaubens entfernt haben. Umso erfreulicher ist es, wenn es in anderen Konfessionen bekennende Christen gibt, die mutig in aller Öffentlichkeit die christliche Lehre über Ehe und Sexualität verteidigen.
Einer der wenigen öffentlichen Glaubenszeugen ist die finnische Christdemokratin Päivi Räsänen, die der finnisch-lutherischen Staatskirche angehört. Die fünffache Mutter und sechsfache Großmutter ist von Beruf Ärztin und seit vielen Jahren Abgeordnete zum finnischen Parlament. Vor einigen Jahren bekleidete sie sogar das Amt der Innenministerin. Sie ging in die Politik, um „den Menschen zu helfen“, wie sie sagt, und vor allem die Familien zu stützen.
Am 29. April 2021 gab nun die finnische Generalstaatsanwältin bekannt, dass man Räsänen strafrechtlich verfolgen würde. Es wurden gegen sie gleich drei Verfahren eröffnet. Alle Anklagepunkte haben mit Aussagen zu tun, die sie zum Thema Ehe und Sexualität getätigt hat. Es droht ihr eine Haftstrafe von bis zu sechs Jahren. Sie steht unter Verdacht, sich der „Hassrede“ und „kriminellen Hetze gegen eine Minderheitengruppe“ schuldig gemacht zu haben.
Konkret geht es unter anderem um eine Broschüre mit dem Titel „Er schuf sie als Mann und Frau – Homosexuelle Beziehungen stellen das christliche Menschenbild infrage“, die Räsänen 2004 verfasst hatte. Außerdem hatte sie sich 2019 in sozialen Netzwerken kritisch über die Teilnahme der Evangelisch-Lutherischen Kirche Finnlands an einer Homosexuellen-Parade geäußert. Darüber hinaus äußerte Räsänen ihre Ansicht im Dezember 2019 im Radio in einer Diskussionsrunde des Finnischen Rundfunks zum Thema „Was würde Jesus über Homosexuelle denken“.
Räsänen wurde bereits mehrmals stundenlang von der finnischen Polizei verhört: „Es fällt mir schwer zu glauben, dass mir eine Haftstrafe droht, weil ich meine religiösen Überzeugungen öffentlich äußerte. Ich habe niemanden bedroht, verleumdet oder beleidigt.“ „Die Bibel ist jedoch sehr klar in der Lehre, dass die Ehe eine Verbindung zwischen Mann und Frau ist und dass das Praktizieren von Homosexualität gegen den Willen Gottes ist“, sagte sie. „Ich werde das Recht, meinen Glauben zu bekennen, weiterhin verteidigen, auch damit andere ihr Recht auf Glaubens- und Meinungsfreiheit künftig wahrnehmen können. Ich bleibe dabei, meine Aussagen sind legal und dürfen nicht einfach zensiert werden.“
Als Politikerin ist Räsänen das Scheinwerferlicht gewohnt. Auch, dass nicht jeder mit ihren Meinungen oder Entscheidungen glücklich ist. Aber aktuell gehen die Wogen hoch. Sie sieht sich der gewaltigen Macht einer juristischen Staatsmaschinerie gegenüber, der sie nur wenig entgegenstellen kann.
Noch hat sie die Rückendeckung ihrer Partei. Der Druck nimmt jedoch täglich zu. Hilfe erfährt sie vor allem durch ihre parlamentarische Mitarbeiterin und ihre Familie. Angst empfindet sie dennoch keine: „Ich werde nicht klein beigeben. Ich werde mich nicht einschüchtern lassen und meinen Glauben verstecken. Je mehr wir als Christen zu kontroversen Themen schweigen, desto enger wird der Raum für die Redefreiheit in Finnland.“