In seinem spannenden, lesenswerten Buch ‘Tödliche Schatten Tröstliches Licht’ berichtet der Franziskanerpater Gereon Goldmann über seine Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg. Von 1944 – 1947 wirkte er als neugeweihter Priester in den Kriegsgefangenenlagern Nordafrikas. Durch seine Predigten und Vorträge konnte er viele im Glauben stärken. Er berichtet über eine Erfahrung, welche Kraft das Gebet des Herrn hat und wie wir einander im Gebet stützen sollen:
“Als endlich, nach so vielen Monaten des Wartens, die ersten Briefe aus der Heimat ankamen und dazu die Nachrichten, was alles an Schrecken des Krieges geschehen war, da brach bei vielen die Widerstandskraft. Die Selbstmorde aus Verzweiflung und Herzensnot mehrten sich. Doch wie sich das bei einem Mann des Glaubens auswirkte, das erlebte ich an einem Beispiel, das ich nie vergessen sollte.
Da war ein Unteroffizier, Schlesier, Vater von vier Kindern. Wie oft hatte er mir die Fotos seiner Frau und Kinder gezeigt. Seine ganze Freude, sein ganzer Schatz. Nun bekam er die erste Nachricht gleich mit der schrecklichen Botschaft, dass alle seine Lieben von einem russischen Panzer überrollt und zerquetscht worden waren. Er rannte weinend aus der Baracke in das Dunkel des Lagers. Ich eilte ihm nach, als ich davon hörte, und suchte ihn in der Selbstmörderecke hinter der großen Latrine. Doch dort fand ich ihn nicht. Nach einigem Suchen kam ich in die fast dunkle Kapelle und sah, dass das Altarkreuz fehlte.
Endlich sah ich auch den Mann, das Kreuz in den Händen, vor dem Altar kauernd. Ich versuchte ihn zu trösten, hörte aber nur: “Nein, nein, bete doch nur mit mir, was du gestern Abend gepredigt hast. ‘Es war eine Ansprache aus der Serie über das Vaterunser. Wir beteten gemeinsam diese heiligen Worte. Als wir sprachen: ‘Dein Wille geschehe’, unterbrach er mich: ‘Es ist schon gut, allein konnte ich diese Worte nicht herausbringen, aber nun ist es geschafft.’ Mit neuer Kraft ging er mit mir aus der Kapelle.”