Wenn wir in den Evangelien die Menschen betrachten, die um Jesus sind, dann ergibt sich ein ganz eigenartiges Menschenbild, aber es wird auch offenbar, wer Jesus ist. Das Evangelium vom 5. Sonntag im Jahreskreis (B) ist ein anschauliches Beispiel dafür.
1) Als erstes fällt uns auf, dass um Jesus so viele Kranke sind, die er heilt: Aussätzige, Blinde und Gelähmte … Vor Jesus wird offenbar, dass wir von allen möglichen Gebrechen des Leibes gezeichnet sind.
2) Doch damit noch nicht genug: Bei vielen Menschen, die Jesus begegnen, wird auch offenbar, dass sie von unreinen Geistern und Dämonen geplagt sind. Vor seiner Heiligkeit und seinem Wort müssen sie fliehen. Aber das ist nur das äußere Bild vom Menschen.
3) Das tiefere, innere Bild zeigt sich im Herzen des Menschen. Jesus offenbart vor allem unseren geistigen Zustand. Im Evangelium finden wir um Jesus herum hauptsächlich Menschen, die er belehren muss. Unermüdlich hat er den Menschen die Wahrheit gesagt und sie darüber belehrt, was zu Gott und zum ewigen Leben führt. Eines der schlimmsten Übel, in die wir durch den Sündenfall geraten sind, ist die Unwissenheit, die geistige Finsternis und Blindheit.
4) Der Gedanke an die geistliche Finsternis des Menschen führt uns zum wichtigsten Punkt des Menschenbildes des Evangeliums. Vor Christus wir offenbar, dass der Mensch ein Sünder ist. Mit der Sünde wird die Wurzel aller anderen Übel offenbar. Wer sich aber vom Licht Jesu Christi berühren lässt, der sieht ein, dass er eine verlorene Drachme, ein verlorenes Schaf, ein verlorener Sohn ist, der sich selbst nicht retten kann. Aber wer voll Reue zu ihm aufblickt, den wird der Blick der barmherzigen Liebe des Herrn treffen, der gerade dazu in die Welt gekommen ist, um zu suchen, was verloren war. In der Schrift finden wir um Jesus herum hauptsächlich Kranke und Besessene, Unwissende und Sünder. In irgendeiner Weise fehlt jedem etwas. Und mitten unter ihnen steht Jesus Christus als der Heiland, der göttliche Arzt und Lehrer. Vor ihm wird die ganze Armseligkeit und Ohnmacht des Menschen offenbar.
Aber er zeigt uns diesen Zustand nicht, um uns zu beschämen und niederzudrücken, sondern um uns zu erlösen und zu heilen, um uns seine barmherzige Liebe zu schenken. Der Glaube an ihn ist unsere Erlösung. Der hl. Ambrosius sagt sehr schön:
“Alles haben wir in Christus. Jede Seele ist in der Hand des Herrn, und Christus ist für uns alles: Willst du, dass deine Wunden heilen: er ist der Arzt; glühst du vor Fieberhitze: er ist erfrischende Quelle; sinkst du zusammen unter der Ungerechtigkeit deiner Werke: er ist die ewige Gerechtigkeit; bedarfst du der Hilfe: er ist die Allmacht; fürchtest du den Tod: er ist das Leben; verlangst du zum Himmel: er ist der Weg; willst du die Finsternis fliehen: er ist das Licht; suchst du Speise: er ist das Brot des Lebens.”