Die Engel sind gekommen, um mich abzuholen

Als am 7. Okt, dem Rosenkranzfest des Jahres 2012, Salvatore und Elisa Fiorillo ihr zweites Kind, Davide, bekommen, ist ihre Freude groß. Als aber die Mutter 2017 eine ständige Müdigkeit ihres Sohnes feststellt und ihn untersuchen lässt, erfolgt die Diagnose: Akute lymphatische Leukämie, unheilbarer Krebs. Es beginnt ein vier Jahre dauernder Leidensweg für Davide im Kampf gegen den Krebs. Davide ist oft wütend und unzufrieden. Er weint sehr viel und hat Angst. Und auch die Eltern verlassen die letzten Kräfte, als die Ärzte im März 2021 ihnen das Ende aller Behandlungsmöglichkeiten mitteilen.

Doch hier, am tiefsten Punkt der menschlichen Existenz, geschieht etwas Außergewöhnliches. Als die Mutter in diesem dramatischen Moment ihr Kind mit den Worten trösten will, dass jeder von uns einen Schutzengel habe, der uns beschütze und helfe, erzählt Davide ganz unbekümmert und in kindlicher Offenheit, dass seit einiger Zeit Engel an sein Bett kommen und ihm Gesellschaft leisten. Zeitgleich beginnt sich Davide auch grundlegend zu ändern. Er wird gelassen, ruhig und zufrieden.

Als die Mutter im Internet nach Engelbildern sucht, zeigt Davide plötzlich auf ein Bild und sagt: „Hier! Das sind die kleinen Engel, die mich besuchen, und das ist die Madonnina!“ Die Engel haben ihm gesagt, dass die Madonnina, wie er die Gottesmutter nennt, auf ihn warte und dass er sie besuchen solle. Es stellte sich heraus, dass es das wundetätige Marienbild des kleinen Wallfahrtsortes Cassano delle Murge in der Nähe von Bari war, wo Maria seit 800 Jahren als Königin der Engel verehrt wird.

Als die Eltern Davide in diese Kirche bringen, fällt er in Ekstase und erlebt eine Marienvision. Es ist das dritte Mal in der Geschichte dieser Wallfahrt, dass die Gottesmutter hier erscheint. Das tat sie immer dann, wenn ihre Verehrung an dem Ort in Vergessenheit zu geraten drohte. „Die kleinen Engel sagen mir, dass auch ich ein Engel bin, aber ohne Flügel“, sagt Davide immer öfter. Und dass sie alle auf ihn warten, im Himmel, dem Paradies, wo es keine Krankheiten und keine Medikamente mehr gebe, wo alles voller Licht und Farben sei.

Als seine Mutter Davide einmal fragt, was denn die Muttergottes mache, wenn sie zu ihm komme, antwortet er: „Sie kommt an mein Bett und umarmt mich wie eine Mutter, wie du es tust!“ Eine große Freude darf Davide vor seiner Heimreise in die Ewigkeit noch erleben: Wenige Wochen vor seinem Tod feiert er zusammen mit seinem älteren Bruder Antonio den Tag seiner ersten Heiligen Kommunion und sieht dabei auch Jesus, den er als „wunderschön“ beschreibt. Es ist zugleich auch die erste Heilige Messe seines Lebens.

Am Fronleichnamstag des Jahres 2021 bittet Davide seine Familie und einige nahe Verwandte in eine Kirche zur Heiligen Messe und Anbetung. Ein berührendes Erlebnis, das alle Beteiligten näher zu Gott und zum Glauben bringt. Wenige Tage darauf, es ist der 22. Juni, möchte Davide in einen weißsilbernen Anzug gekleidet werden, um gemeinsam mit den Engeln, die er in diesen Farben sieht, in den Himmel zu gehen. „Sie sind alle hier, sie sind gekommen, um mich abzuholen!“ Das sind seine letzten Worte. Dann darf er heim ins Paradies.

Zurück bleiben traurige, aber durch ihr Kind im Glauben getröstete die Eltern und Verwandten. Seine Mutter sagt: „Sowohl mein Mann als auch ich lebten weit entfernt von der Kirche und den Sakramenten; und unser Kind Davide war ohne jegliche religiöse Bildung aufgewachsen. Nie zuvor haben wir verstanden, was es bedeutet, dass Jesus Christus lebt und in der Eucharistie gegenwärtig ist. Durch unseren Sohn berührten wir diese wirkliche Gegenwart Gottes mit unseren Händen. Davide erzählte uns, dass er Jesus sah. Wir hingegen sahen, als er es uns erzählte, sein Selbstvertrauen, seinen Glauben, seine Unbekümmertheit und in seinen Augen ein Licht, das es auf dieser Erde nicht gibt.“

Davide zeigte uns ein anderes Leben

Salvatore Fiorillo, der Vater von Davide, gibt Zeugnis darüber, wie er selbst durch das Beispiel und die Worte seines Sohnes zum Glauben gekommen ist, dass Gott existiert und ihnen als Eltern in ihrer tiefsten Not eine Antwort gab:

„Vom ersten Moment an, als ich meinen Sohn über den Himmel sprechen hörte, veränderte sich etwas in mir. Es ist, als ob Davides Worte so viele Fragen in mir beantwortet hätten, auf eine Weise, wie sie noch nie jemand beantwortet hatte. Als meine Frau mir zum ersten Mal erzählte, dass Davide über kleine Engel und den Himmel gesprochen hatte, brach ich in Tränen aus und spürte eine unerschütterliche Gewissheit in mir. Tag für Tag haben sie und ich jeder auf seine eigene Art, aber gemeinsam verstanden, dass unser Leben nie wieder das gleiche sein könnte, wenn das, was unser Sohn uns erzählte, wahr wäre! Ich bin ein rationaler Mensch und habe gelebt, als ob nichts existierte, außer dem, was wir sehen und berühren konnten. Aber Davide zeigte uns ein anderes Leben, das wahre, auf das er so sehr gewartet und das er sich am meisten gewünscht hat.“

„Davide hat uns gezeigt, dass der Tod nicht das Ende, sondern der Anfang des Lebens ist. Bevor er in den Himmel kam, ließ er sich eigens für seine Reise mit den kleinen Engeln einen Anzug nähen: Er wählte alles bis ins letzte Detail aus, und als er ihn anprobierte, sah es so aus, als würde er sich auf eine Hochzeit vorbereiten, auf den schönsten Tag seines Lebens überhaupt!“