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5. Tag

Das lautere und beharrliche Gebet als Weg zur Weisheit

Beten mit reinem Glauben:

Wir müssen mit reinem Glauben um die Weisheit bitten und dürfen beim Beten nicht auf fühlbare Tröstungen, Visionen und besondere Offenbarungen hoffen. Auch wenn das, wie bei einigen Heiligen, gute und echte Erfahrungen sein können, so ist es doch immer gefährlich, sich darauf zu verlassen. Je mehr sich der Glaube auf solch außerordentliche und fühlbare Gna­den stützt, desto weniger rein und verdienstvoll ist er.

Je mehr Glauben wir haben, desto mehr Weisheit besitzen wir. Und je mehr wir die Weisheit besitzen, desto stärker wird un­ser Glaube. Der Gerechte, der Weise, lebt nur aus dem Glau­ben, ohne etwas zu sehen, ohne etwas zu fühlen, ohne etwas zu verkosten und ohne zu schwanken. Gott hat es gesagt, Gott hat es verheißen, das ist das Fundament, auf das alles Beten und Tun des Weisen gegründet ist, mag es – von einem natür­lichen Standpunkt aus betrachtet – auch so scheinen, als ob Gott blind wäre für sein Elend, taub für seine Bitten, ohn­mächtig gegenüber seinen Feinden und zu schwach, ihm zu helfen; auch wenn ihn Zerstreuungen, Zweifel, Finsternis des Geistes und Einbildungen der Phantasie, wenn Überdruß und Trägheit sein Herz, Traurigkeit und Todesangst seine Seele quälen.

Der Weise bittet nicht darum, wie die Heiligen in Gebet und Betrachtung Außerordentliches zu schauen oder schöne Ge­fühle zu haben. Er bittet im Glauben um die Weisheit und darf sicherer sein, daß sie ihm gegeben wird, als wenn ein Engel vom Himmel käme, es ihm zu versichern. Denn Gott hat ge­sagt: „Wer bittet, der empfängt“ (Lk 11,10). Jeder, der Gott in rechter Weise um etwas bittet, erhält es auch. „Wenn schon ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gebt, was gut ist wieviel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist“ – den Geist der Weisheit – „denen geben, die ihn bitten“ (Lk 11, 13; vgl. LEW 186-187).

Beten mit einem beharrlichen Glauben:

Wenn wir die Weisheit erlangen wollen, muß unser Gebet ausdauernd sein. Wir werden diesen kostbaren Schatz, diese wertvolle Perle, niemals erlangen, wenn wir Gott nicht mit heiliger Aufdringlichkeit darum bitten.

Wir sollten es nicht so machen wie viele, die Gott um eine Gnade bitten. Wenn sie geraume Zeit, vielleicht Jahre hin­durch, gebetet und dann den Eindruck haben, daß Gott ihre Gebete nicht erhört, verlieren sie den Mut und geben auf, weil sie glauben, daß Gott sie nicht erhören will. Dadurch bringen sie sich um die Frucht ihrer Gebete und tun Gott Unrecht. Denn Gott liebt es zu geben und erhört auf irgendeine Weise immer die Gebete, die in der rechten Gesinnung an ihn gerich­tet werden.

Wichtig ist, daß wir dem rein mündlichen Gebet immer das Gebet des Geiste, die Betrachtung hinzufügen. Sie erleuchtet den Geist, entflammt das Herz und befähigt die Seele, die Stimme der Weisheit zu hören, ihre Freuden zu verkosten und ihre Schätze zu besitzen.

Ich kenne kein wirksameres Mittel, um das Reich Gottes, die Ewige Weisheit, in uns hineinzuziehen als das Rosenkranzge­bet. Denn beim Beten des Rosenkranzes und in der Betrach­tung seiner fünfzehn Geheimnissee ist mündliches und be­trachtendes Gebet auf beste Weise miteinander verbunden (vgl. LEW 188-193).