Die Gebetswoche für die Einheit der Christen macht uns bewusst, dass es im Laufe der Geschichte viele Abspaltungen von der einen, von Jesus gegründeten Kirche gegeben hat. Aber auch die zwischenmenschlichen Beziehungen, die Familien, sind heute oft von Trennung, Streit und Unfrieden gezeichnet. Allein aus menschlicher Kraft kann die Einheit kaum wieder hergestellt werden. Aber die Gnade Gottes ist es, die die Menschen zur Umkehr der Herzen, zum Umdenken, zu einem Miteinander, zur Versöhnung und zur Einheit bewegt. Unser Heiliger Vater hat in seiner Weihnachtsansprache an die Kardinäle einige wichtige Prinzipien zum Thema Versöhnung dargelegt, die auch für unser konkretes Leben bedeutsam sind:
„Zur Versöhnung gehört … die Fähigkeit, Schuld zu erkennen und um Vergebung zu bitten – Gott und den anderen Menschen. Zum Vorgang der Versöhnung gehört schließlich die Bereitschaft zur Buße, die Bereitschaft, Schuld auszuleiden und sich selbst ändern zu lassen.
Und es gehört dazu … die Bereitschaft, über das Notwendige hinauszugehen, nicht aufzurechnen, sondern weiterzugehen als die bloßen Rechtsverhältnisse es verlangen. Es gehört dazu jene Großzügigkeit, die Gott selbst uns vorgemacht hat.
Denken wir an das Wort Jesu: Wenn du deine Gabe zum Altar bringst und du erinnerst dich, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, lass die Gabe liegen, brich auf, versöhne dich zuerst mit deinem Bruder, und dann komm und bring deine Gabe (Mt 5, 23f). Gott, der uns unversöhnt wusste, der sah, dass wir etwas gegen ihn haben, ist aufgestanden und uns entgegengegangen, obwohl er allein im Recht war. Er ist uns entgegengegangen bis zum Kreuz hin, um uns zu versöhnen.
Das ist … die Bereitschaft, zuerst aufzubrechen. Zuerst dem anderen entgegenzugehen, ihm die Versöhnung anzubieten, den Schmerz auf sich zu nehmen, der im Verzicht auf das eigene Rechthaben liegt. Nicht nachzulassen im Willen des Versöhnens: Das hat Gott uns vorgemacht, und dies ist die Weise, gottähnlich zu werden, die wir in der Welt immer von neuem brauchen.
Wir müssen heute die Fähigkeit neu erlernen, Schuld anzuerkennen, den Unschuldswahn abzuschütteln. Wir müssen die Fähigkeit erlernen, Buße zu tun, uns ändern zu lassen; dem anderen entgegenzugehen und von Gott her uns den Mut und die Kraft zu solcher Erneuerung schenken zu lassen.
In dieser unserer Welt von heute müssen wir das Sakrament der Buße und der Versöhnung neu entdecken. Dass es aus den Lebensvollzügen der Christen weitgehend verschwunden ist, ist ein Symptom für einen Verlust an Wahrhaftigkeit uns selbst und Gott gegenüber; ein Verlust, der unsere Menschlichkeit gefährdet und der unsere Friedensfähigkeit vermindert.
Der heilige Bonaventura war der Meinung, dass das Sakrament der Buße ein Menschheitssakrament ist, das Gott in seinem wesentlichen Grund schon unmittelbar nach dem Sündenfall mit der Buße für Adam eingesetzt habe, auch wenn es seine ganze Gestalt erst in Christus erhalten konnte, der selbst die versöhnende Kraft Gottes ist und unsere Buße auf sich genommen hat. In der Tat, die Einheit von Schuld, Buße und Vergebung ist eine der Grundbedingungen der Menschlichkeit, die im Sakrament ihre volle Gestalt erhalten, aber von den Wurzeln her zum Menschsein als solchem gehören.“